am 06.10.2006, 13:38:28 Uhr
"Geld steht als Synonym für absolute Freiheit", versucht Reichenbacher zu erklären, warum die Deutschen ihr Geld scharenweise zu den Annahmestellen tragen, obwohl die Wahrscheinlichkeit, den Jackpot zu knacken, nur bei 1 zu 140 Millionen liegt. "Das ist das Prinzip Hoffnung", sagt Reichenbacher. Erst recht, wenn wie an diesem Samstag mit etwa 35 Millionen Euro der höchste Jackpot in der deutschen Lotto-Geschichte lockt."Der Jackpot ist dieses Mal so hoch wie die Gesamtgewinnsumme bei einer gewöhnlichen Ziehung", erklärt Helga Hinrichs, Sprecherin von Lotto Hessen. Hinrichs überprüft während der Sendung am Samstag in der ARD (19.50 Uhr), ob alles mit rechten Dingen zugeht. Ihr wichtigstes Arbeitsgerät ist ein Fernglas: "Im Studio sitzen wir so weit entfernt, dass ich die Zahlen auf dem Tischtennisball nicht direkt sehen kann", erzählt Hinrichs.
Für Lotto-Fee Franziska Reichenbacher sind die 49 Lottokugeln die wahren "Stars" der Sendung. 3,09 Gramm schwer, 40 Millimeter im Durchmesser und so ziemlich perfekt müssen die schneeweißen Bälle sein, schließlich soll jede Kugel die selbe Chance haben, gezogen zu werden. Zuständig für die Präzisionsarbeit ist der Saarbrücker Elektroingenieur Hans Brösch, der den Deutschen Lottoblock mit TÜV- geprüften Kugeln und Ziehmaschinen beliefert.
Nur gut die Hälfte der Tischtennisbälle, die Brösch regelmäßig zu Tausenden einkauft, werden weiterverarbeitet. Der Rest landet wegen Unebenheiten oder abweichendem Gewicht im Müll. Pechschwarze Zahlen werden auf die ausgesuchten Bälle gerubbelt und diese dann lackiert, erneut so präzise wie möglich. Anrufer, die sich nach der Sendung beschweren wollen, sollen sich nicht auf Ungenauigkeiten berufen können. Das aktuelle Set aus 49 Bällen ist eineinhalb Jahre alt und wird erst ausgewechselt, wenn die Ziffern anfangen, auszubleichen. "Sie sehen aber sehr gut aus und können noch ein paar Jahre halten", sagt Helga Hinrichs.
Die Glückskugeln lagern in einem Tresor des Lottoblocks in Wiesbaden. Erst am Tag der Ziehung bekommt der Ziehungsleiter - an diesem Samstag Hinrichs selbst - den Schlüssel ausgehändigt. Dann verstaue sie die Bälle in einem Aktenkoffer und bringe sie zum Hessischen Rundfunk (HR) nach Frankfurt, erklärt Hinrichs. Nach der Sendung würden sie zurück nach Wiesbaden gefahren - um Manipulationen auszuschließen. Für Notfälle gibt es noch einen zweiten Satz, der an einem geheimen Ort aufbewahrt wird.
Auch die gut zehn Jahre alte Mischmaschine stammt aus dem Hause Brösch. In doppelter Ausführung lagern die Plexiglastrommeln beim HR, verschlossen in speziellen Schränken. Vor jeder Sendung wird die Maschine neu aufgebaut. Die Abläufe seien maschinell und bei jeder Ziehung anders, erklärt Hinrichs. Während der Show thront sie auf einem Podest im Hintergrund. Auf ihr Winkzeichen hält die Trommel an und zieht eine Kugel. Pannen sind bislang nur selten passiert. Einmal fielen zwei Kugeln in einen Becher, ein andermal zerbrach ein Ball bei der Auslosung des Spiel 77.
Die Vorbereitung auf die Sendung läuft minutiös. Schon donnerstags schreibt Reichenbacher ihre Moderationen und wählt ihre Garderobe aus. Am Samstagmittag wird das Studio aufgebaut. Von 17.30 Uhr an gibt es mehrere Probedurchläufe, die Moderatorin wird geschminkt, ihre Kleidung angepasst. "In der Sendung muss alles auf die Sekunde klappen, weil nach uns die Tagesschau läuft", berichtet Reichenbacher. Bei regulären Ziehungen sei sie nicht aufgeregt. An diesem Samstag sei das jedoch anders, weil viel mehr Menschen vor den Fernsehschirmen säßen als üblicherweise: "Das ist so dramatisch. Es ist so unglaublich viel Geld", sagt die frühere Radio-Journalistin, die seit 1998 die ARD-Glücksfee ist.